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DR. HUBERT STARFLINGER  

Rechtsanwalt
Edition: Burghausen 2007

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Der Rechtsanwalt - Dr. Hubert Starflinger stellt seine beruflichen Ambitionen in den Dienst des Rechts. Von 1975 bis 1980 zunächst als Richter und Staatsanwalt, danach als Anwalt in seiner Burghauser Kanzlei.

 

Die Burghauser Anwalts- und Steuerkanzlei Dr. Starflinger, Linderer & Coll. befindet sich im Herzen der Neustadt, in der Marktler Straße 15 b. Zehn Anwälte und ein mit der Kanzlei verbundenes Steuerbüro küm- mern sich um die ent- sprechenden Anliegen der Mandanten. Verleger Ralf Hansen unterhielt sich mit dem Kanzleigründer Dr. Hubert Starflinger.

 

Dr. Starflinger, fällt seit einigen Jahre Ihr Name, so geschieht dies sehr oft in Verbindung mit dem Attribut „Staranwalt“. Worauf führen Sie das zurück?

Ich mag diesen Begriff, der nur auf einer überdurchschnittlich hohen Medien- präsenz basiert, eigentlich nicht. In den rund 25 Jahren meiner Tätigkeit als Re- chtsanwalt hatte ich doch einige sehr spektakuläre Verfahren, die es den Medien wert waren, ausgiebig darüber zu berichten. Unter anderem verteidigte ich zum Beispiel den Olympiasieger Armin Hary bis zum Bundesgerichtshof, was seinerzeit fast täglich in den Medien kommentiert wurde. 

Welche Stationen waren für Ihre heutige Tätigkeit von besonderem Gewicht?

Nach sieben Semester Jura-Studium in München und anschließender zweijähriger Referendarzeit trat ich im Alter von 25 Jahren als Amtsrichter in den Justizdienst ein. Zunächst in Burghausen, später auch in Altötting, Mühldorf, Laufen und Traunstein, wo ich dann auch als Richter am Landgericht wirken durfte. Bis zu meinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst 1980 war ich dann noch als Staats- anwalt tätig.

Unter Anwaltskanzleien herrscht reger Konkurrenzkampf. Dem erfolgreichen Absolventen einer juristischen Ausbildung stehen neben der Anwaltstätigkeit auch die „klassischen“ Berufe des Richters, Staatsanwalts, auch des Notars offen. Lockt die Anwälte einfach das Geld oder der Ruf nach Selbständigkeit.

Ich glaube nicht, daß es primär das Geld ist, das lockt. Derjenige der Anwalt werden möchte, entscheidet sich in aller Regel aus Berufung. Dabei wird die Selbständigkeit wohl auch eine große Rolle spielen.

Warum haben Sie selbst die Seite gewechselt, und sich als Anwalt niedergelas- sen?

Dahinter verbarg sich zunächst nur das Motiv, wieder etwas neues zu machen. Nachdem ich mir ja auch Kenntnisse der Betriebswirtschaftslehre angeeignet hatte, wollte ich in erster Linie im Grenzbereich zwischen Wirtschaft und Recht tätig sein. Damit erklärt sich auch die spätere Verbindung mit einer Steuerkanzlei.

Welche Fachgebiete gehören zu Ihrem Aufgabengebiet?

Ich beschäftige mich vorwiegend mit Wirtschaftsrecht und Gesellschaftsrecht - insbesondere mit den Rechten der GmbH, der AG und den Personengesellschaf- ten, mit Vertragsrecht, Erbrecht und Handelsrecht.

Ihre Tätigkeitsschwerpunkte?

Dazu gehören unter anderem die Gründung, Gestaltung und Umwandlung von Gesellschaften, Vertragsgestaltungen aller Art, streitige Abwicklung von Ver- trägen insbesondere von Gesellschaftsverhältnissen sowie die Beratung und Vertretung bei Projekten.

Das Europäische Parlament hat bei der Abstimmung am 16. Februar 2006 die Dienstleistungsrichtlinie entschärft und das Herkunftslandprinzip gestrichen. Ist damit auch verhindert worden, daß der Rechtsberatungsmarkt weitgehend liberalisiert wird?

Sie sprechen von einer Entwicklung, die durchaus ernst zu nehmen ist. Aus mei- ner Tätigkeit als Vorstandsmitglied der Rechtsanwaltskammer München weiß ich, daß mittlerweile sehr viele Zulassungsanträge international tätiger Anwälte vor- liegen. Die Diskussion darüber wird aber erst in den nächsten Jahren richtig einsetzen, wenn die Rahmenbedingungen in der EU in allen 25 Mitgliedsstaaten angepaßt sind.

Böse Zungen behaupten, daß eine Allgemeinkanzlei von zwei Dingen lebt: Von Verkehrssündern und von streitsüchtigen Lehrern mit Rechtschutzversicherung. Wovon lebt Ihre Kanzlei?

Wir vertreten unsere Mandanten in nahezu allen Rechtsbereichen. Dazu stehen rund 30 Mitarbeiter zur Verfügung. Wir bearbeiten kleine, mittlere und auch große Verfahren, wobei ich sagen möchte, daß sich mein Interesse sicherlich nicht an der Spektabilität oder Größe des Falles orientiert. 

Halten Sie aus Ihrer Erfahrung die Strategie einer Spezialisierung für sinnvoll oder glauben Sie, daß eine Allgemeinkanzlei bessere Marktchancen hat?

Allgemeinkanzlei und Spezialisierung stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergeben durchaus ein System: In einer größeren Kanzlei können alle Fälle bearbeitet werden, wobei die Kollegen, wie in unserem Fall, so spezialisiert sind, daß nahezu alle Rechtsbereiche abgedeckt sind.

Welche Voraussetzungen muß ein guter Anwalt erfüllen?

Er muß analytisch denken und sehr schnell feststellen können, worauf es an- kommt. Vor allem muß er schnell arbeiten können. Dazu kommen ein über- durchschnittliches Fachwissen und enormer Fleiß, da die Arbeitsbelastung sehr hoch ist.

Jetzt haben Sie die Schauspieler-Qualitäten vergessen.

Natürlich sollte man sich entsprechend darstellen und seinen Standpunkt über- zeugend vertreten können, sonst nützen alle genannten Voraussetzungen nichts. Aber von Schauspieler-Qualitäten zu sprechen, halte ich für überzogen.

Halten Sie Werbung für Anwälte für sinnvoll?

Grundsätzlich halte ich Informationen für sehr wichtig. Leider gilt sie unter An- wälten noch immer als verpönt beziehungsweise bedenklich. Die Mandanten sind aber froh um jede Information. Hier hakt es aber oft, wenn Anwälte ohne Sinn und Verstand viel Geld für Werbung ausgeben, die inhaltlich mehr als dürftig ist. Ein Beispiel sind Kanzleibroschüren, in denen Selbstdarstellung ohne Rücksicht auf die Informationsbedürfnisse des Mandanten betrieben wird. Abschreckend ist auch die Art und Weise, wie sich manche Kanzleien im Internet präsentieren.

Haben Sie manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn Sie Personen vertreten müssen, die sich mit Ihren persönlichen Lebensauffassungen nicht identifizieren?

Nein, habe ich nicht. Man kann und darf natürlich aus schwarz nicht weiß machen oder umgekehrt. Man muß die Tatsachen so nehmen wie sie sind und aus der Situation des Betroffenen das Beste machen. Das heißt selbstverständlich nicht, daß man aus einem Unschuldigen einen Schuldigen oder aus einem Schuldigen einen Unschuldigen macht.

Sind Sie süchtig nach Erfolg?

Nein, bin ich nicht. Aber ich weiß, daß Erfolg kein Zufall ist, sondern das Ergebnis harter Arbeit.

Gerichtsurteile ergehen im Namen des Volkes. Kann man davon aus- gehen: Wer Recht hat bekommt auch Recht, oder bekommt man nur ein Urteil nach Beweislast?

Recht haben und Recht bekommen sind tatsächlich zwei verschiedene Sachen. Die Durchsetzung des Rechts ist ein Mechanismus, den ein Anwalt abdecken muß. Die Möglichkeit, daß jemand Recht bekommt nur weil er Recht hat, genügt leider nicht. Vielmehr steht die Durchsetzung des Rechts im Vordergrund.

Der Lotteriecharakter der Rechtsprechung, das autoritäre Gehabe, die unverständliche Sprache und die Arroganz vieler Richter im Umgang mit dem rechtssuchenden Bürger schaffen Mißtrauen und Ablehnung. Was tun Sie als Anwalt dagegen?

Meiner Erfahrung nach ist es so, daß sich der Anwalt zu Justiz und Verwaltung in einer partnerschaftlichen Position befindet. Er muß sich natürlich entsprechend darstellen, überzeugend wirken und seine Position als Organ der Rechtspflege behaupten. Wer sich von der Justiz unterbuttern läßt, ist chancenlos.

An der heutigen Rechtsprechung bemängele ich insbesondere, daß es bei Verfahren vor den Oberlandesgerichten keine weiteren Tatsacheninstanzen mehr gibt.

Es trifft tatsächlich zu, daß in Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht keine volle Tatsacheninstanz mehr gegeben ist. Deshalb kommt es um so mehr darauf an, daß der Sachverhalt in erster Instanz vor den Amts- oder Landge- richten richtig dargestellt und aufbereitet wird. Die Weichenstellung findet ganz klar in der ersten Instanz statt.

Wie gehen Sie damit um, wenn Richter sich irren oder aus anderen Gründen ein krasses Fehlurteil sprechen? 

Dann habe ich nur die Möglichkeit, über den Rechtsmittelweg in die nächste In- stanz zu gehen, um dort mit aller Überzeugungskraft dafür zu sorgen, daß ein falsches Urteil aufgehoben wird.

Sie sind im Vorstand der Anwaltskammer, somit auch zuständig für die Juristen in dieser Region. Hat sich Ihrer Meinung nach das Angebot in der Juristenaus- bildung inzwischen verbessert? 

Im Landgerichtsbezirk Traunstein befinden sich derzeit exakt 743 zugelassene Anwälte. Der Kammerbezirk, für den ich tätig bin, umfaßt rund 17.000 Anwälte. Die Qualität hat sich sicherlich verbessert, aber wie in anderen Berufen gibt es auch hier gute und weniger gute Kollegen, das muß ich schon zugestehen. Unter Anwälten gilt ganz klar das Qualitätsprinzip.

Wo haben junge Juristen die größten Schwierigkeiten beim Start in den Beruf?

Die größten Schwierigkeiten sehe ich bei der Durchsetzbarkeit und den Möglich- keiten vor Gerichten oder Verwaltungsgremien, weil ein erfahrener Richter, Staatsanwalt oder Verwaltungsbeamter unter Umständen die Situation ausnützen könnte, aus der Unerfahrenheit eines jungen Kollegen taktische Vorteile abzuleiten.

Werden sich im Verdrängungswettbewerb junge Anwälte auf Kosten von älterer Kollegen etablieren?

Eher nicht, da die Erfahrung in unserer Branche schon eine bedeutende Rolle spielt.

Wie glauben Sie, wird sich Ihr Berufsstand künftig entwickeln? 

Aus meiner Tätigkeit im Kammervorstand weiß ich, daß Überlegungen in ver- schiedenen Richtungen angestellt werden. Zu-künftig wird es für Rechtsanwälte keine freien Zulassungen mehr geben. Es wird sogenannte Ausbildungskanzleien geben, in denen junge Rechtsanwälte nach dem Staatsexamen zunächst eine gewisse Zeit in einer Art Assistenz tätig sein müssen. Veränderungen in der Ausrichtung der Ausbildung zum Anwalt, Richter oder andere Bereiche werden diskutiert, wobei die frühe Möglichkeit einer Spezialisierung auf die zukünftige Tätigkeit tendentiell immer erkennbarer wird.

Wie sehen Sie die weitere Entwicklung Ihrer Kanzlei - wie stellen Sie sich diese in zehn Jahren vor?

Fragen Sie mich das nochmal in zehn Jahren. Darüber mache ich mir heute noch keine Gedanken.

Zwischen Anwalt und Mandant herrscht Honorarvereinbarung, man müßte also im Prinzip Honorare aushandeln können, die über oder unter den aus dem Streitwert errechneten Gebühren liegen. Gibt es Auflagen, die eingehalten werden müssen?

Eine Honorarvereinbarung unter dem gesetzlichen Gebührenwert ist nicht zu- lässig. Das Vereinbaren von Honoraren ist, im Gegensatz zu den Verhältnissen in München, in der Provinz eher die Ausnahme. Grundsätzlich wird nach der Gebührenordnung abgerechnet.

Es heißt, in Süddeutschland würden Steuerdelikte milde, Körperverletzungen hart bestraft – in Norddeutschland sei es umgekehrt.

Das deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen. Allgemein habe ich festgestellt, daß in Bayern die Strafen im Verhältnis zu anderen Bundesländern eher hoch sind. Und gerade bei Wirtschaftsdelikten wird schon kräftig hingelangt.

Würden Sie dafür plädieren, Gerichtsverhandlungen wie in Amerika per Fernsehkanal direkt zu übertragen? 

Dagegen hätte ich nichts einzuwenden, die meisten Verfahren sind sowieso öffentlich. Ein Justizkanal würde sicherlich hohe Zuschauerquoten erreichen.

In den Justizvollzugsanstalten überwiegt bei den Häftlingen eindeutig der Anteil an Männern. Sind Frauen intelligenter und lassen sich demzufolge seltener schnappen, oder sind Männer einfach krimineller veranlagt?

Es ist schon so, daß Frauen wesentlich weniger häufig straffällig werden als Män- ner.

Bayerns Innenminister Beckstein fordert einen „wehrhaften Rechtsstaat“ und wo dieser Rechtsstaat angegriffen wird, muß er seiner Meinung nach auch in der Lage sein, zu reagieren. Nicht zuletzt zum Schutz der rechtstreuen Bürgerinnen und Bürger.

Das sehe ich auch so. Wir brauchen einen wehrhaften Rechtsstaat, dem zur Abwehr gegen Angriffe von innen und von außen ein effizientes Instrumentarium zur Verfügung steht. Die Bedrohungen sowohl durch Terrorismus als auch durch internationale, organisierte Kriminalität fordern schnelles, auch gesetzgeberisches Handeln. Wir müssen Polizei und Justiz in die Lage versetzen, kriminelle Organisationen zu erkennen, sie zu beobachten und sie international, auch über Landesgrenzen hinweg, zu verfolgen.

Vorträge zu halten, gehört auch zu Ihren Tätigkeiten. 

Ja, ich halte eine Reihe von Vorträgen. Ich bin auch in Seminarveranstaltungen tätig, beispielsweise in einem Forum für Managementausbildung, wo ich die Rechtsbausteine hinzufüge. 

Hand aufs Herz, Herr Anwalt: Wieviele Punkte haben Sie derzeit in Flensburg?

Seit vielen Jahren: Null.

Aber Dr. Starflinger hat sicherlich auch Schwächen?

Natürlich, wie jeder Mensch, aber die verrate ich hier natürlich nicht.

Sie wurden in diesem Jahr 57. Läßt die Kondition schon etwas nach?

Sie würde nachlassen, wenn ich mich nicht entsprechend fit halten würde. Ich tue da einiges.

Pläne für die Zukunft?

Eigentlich nur den Wunsch, daß die Kanzlei so bleibt wie sie ist, daß ich gesund bleibe und daß ich etwas mehr Zeit für meine Familie finde.

Ihr Beruf ist nicht Ihre einzige Leidenschaft. Sie sind ambitionierter Golfer.

Stimmt. Ich war neun Jahre Präsident des Golfclubs Altötting-Burghausen und habe in dieser Zeit zwei nebeneinanderliegende, verfeindete Golfclubs zur Fusion verholfen, was juristisch nicht so einfach war und damals bundesweit Aufsehen erregt hat.

Ihr Hauptcharakterzug? 

Äußerste Selbstdisziplin. 

Welche Eigenschaften schätzen Sie? 

Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit, Humor und Pünktlichkeit. 

Ihr größter Vorzug? 

Daß mit mir in jeder noch so schwierigen Situation zu rechnen ist und ich mir einbilde, auch in ganz ausweglosen Situationen noch Lösungen finden zu kön- nen.

Was ist Ihnen unangenehm? 

Unehrlichkeit, Unzuverlässigkeit und unsachliche Ignoranz.

Was entschuldigen Sie? 

Vieles, aber ich sage dem Betroffenen schon meine Meinung.

Was assoziieren Sie mit Burghausen?

Burghausen ist eine moderne, ehrgeizige und sehr interessante Stadt, für die ich mich als Wohn- und als Berufssitz immer wieder entscheiden würde.

Was war Ihr größter Flop? 

Ich bin seit vielen Jahren auch in der Kommunalpolitik tätig. Und als den größten Flop bezeichne ich die Tatsache, daß es in mehreren Jahrzehnten nicht gelungen ist, die Autobahn in anderen Regionen zu bauen. 

Dr. Starflinger, besten Dank.

     
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