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FRANK SCHURE

Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Edition: Freilassing 2005

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Die Frauenheilkunde ist ein Fachgebiet der Medizin, dessen Gegenstand die Erkennung und Behandlung von Frauenkrankheiten ist. Während die eng mit der Frauenheilkunde zusammenhängende Geburtshilfe, die ursprünglich nur von Frauen ausgeübt wurde, in ihren Anfängen so alt ist wie die Menschheit, hat sich die Frauenheilkunde, insbesondere die moderne operative Gynäkologie, als eigenes Fachgebiet erst verhältnismäßig spät entwickelt. Neben der hochent- wickelten gynäkologischen Operationstechnik ist heute die Vorsorgeuntersu- chung in der Frauenheilkunde besonders wichtig. Verleger Ralf Hansen sprach über das Thema Frauenheilkunde mit dem Freilassinger Mediziner Dr. Frank Schure.

 

Dr. Schure, im April 2004 haben Sie die Praxis des Dr. Klaus Koch übernommen und führen diese jetzt zusammen mit der Assistenzärztin Simone Pätzold. Definieren Sie mir Ihr Praxisspektrum? 

In meiner Praxis decke ich nahezu alle Spektren der Frauenheilkunde ab. Dazu gehören insbesondere die spezielle operative Gynäkologie, die spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin, die Urogynäkologie und die Onkologie. Darüber hinaus halten wir eine eigene Brustsprechstunde für unsere Patientinnen ab, führen kosmetische Operationen durch und beschäftigen uns darüber hinaus mit der Akupunktur und anderen Naturheilverfahren. Aufgrund der Schließung der geburtshilflichen Abteilung im Freilassinger Krankenhaus führen wir derzeit allerdings keine Geburten mehr durch. 

Welche Patientinnen kommen zu Ihnen?

In der Hauptsache handelt es sich dabei um Frauen, die zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge kommen. Als verantwortungsvoller Mediziner freue ich mich darüber, daß die großangelegten Aufklärungskampagnen der vergangenen Jahre endlich Früchte tragen. Die moderne, selbstbewußte Frau von heute hat ihre Schwellenangst längst überwunden und vereinbart heute häufiger und früher einen Termin bei ihrem Frauenarzt, um die regelmäßige Vorsorgeuntersuchung wahrnehmen zu können. Diese Tatsache hat natürlich dazu beigetragen, daß zahlreiche Krankheiten zu-rückgegangen sind, weil sie frühzeitig erkannt wurden.

In welchen Abständen sollte dies geschehen?

In der Regel empfehle ich meinen Patientinnen von Beginn des 16. Lebensjahres an, möglichst zweimal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen. Nach dem Erreichen der Wechseljahre sind die hormonellen Veränderungen im Körper der Frau nicht mehr so gravierend, sodaß hier eine jährliche Vorsorge ausreichend ist.

Mit welchen Problemen kommen junge Frauen in die Sprechstunde?

Junge Frauen haben vielfältige Probleme, doch die Angst vor einer Schwangerschaft und die damit verbundene Wahl der richtigen Verhütungsmethode ist eindeutig der häufigste Grund. Um ihr jugendliches Leben sorgenfrei leben zu können, informieren sie sich heute sehr viel mehr und intensiver, als noch vor zehn Jahren.

Nach neueren Studien sind junge Leute in der Bundesrepublik unaufgeklärter als wir gemeinhin annehmen. Können Sie das bestätigen?

Ja, dem ist leider so. Es gibt viele junge Mädchen die noch an alten überlieferten Verhütungsmethoden hängen oder, besser gesagt, alte überlieferte Verhütungsmethoden betreiben. Die Vorsorge in den Schulen müßte eigentlich tiefgreifender durchgeführt werden. Wir haben uns jetzt hier in der Region angeboten, Vorsorgeunterricht in den Schulen durchzuführen.

Was halten Sie von speziellen Teenagersprechstunden wie es sie heute gibt?

Die führen wir bereits durch. In die sogenannte Teenagersprechstunde kommen nur junge Patienten, sodaß wir teilweise in Einzelgesprächen, teilweise auch in Kursen Aufklärung über die richtige Verhütung erteilen können. Selbstverständlich kann dabei auch der Freund mit in die Beratung einbezogen werden.

Die Kosten hierfür übernimmt die Krankenkasse?

Die Teenagersprechstunde ist eine kostenlose Serviceleistung. Die Kassen übernehmen nur die Untersuchung und das Verordnen von Verhütungsmitteln.

Zu welchem Zweck bieten Sie bei Laboruntersuchungen eine Hormonanalyse?

Hormonanalysen sind vielfältig. Sie können durchgeführt werden bei bestimmten Erkrankungen wie Haarausfall, Hautbeschwerden oder Hautveränderungen, aber auch zur Bestimmung der Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Mit zunehmendem Alter bis hin zu den Vorwechseljahren kommt es auch zu hormonellen Veränderungen, die eine Untersuchung erfordern ob die Patientin vor den Wechseljahren noch schwanger werden kann, ob sie verhüten muß oder nicht.

Ist die Zahl der Frauen, die schwanger sind und das Kind nicht haben wollen, hoch?

Hier in der Region ist sie eher niedrig. Natürlich kommen Patientinnen, die sich zu diesem Thema beraten lassen möchten und denen genauso geholfen werden muß, wie jeder anderen auch.

Haben Sie den Eindruck, daß es schwangeren Frauen heutzutage leichter fällt, einen Abbruch vornehmen zu lassen?

Ich denke, ein Abbruch ist immer ein einschneidendes Erlebnis für die Patientin und ich glaube nicht, daß es den Frauen heute leichter fällt, diese Entscheidung zu fällen. Die Gesetze haben es zwar möglich gemacht, daß sie für diesen Eingriff straffrei ausgehen, aber ob es der Patientin trotz dieser Tatsache leichter fällt, ist eine andere Frage.

Welchen Ratschlag geben Sie einer Frau, die heute sicher und zuverlässig verhüten möchte?

In erster Linie kommt es dabei auf das Alter der Frau an. Einer jungen Patientin, die ihren Kinderwunsch noch nicht abgeschlossen hat, würde ich grundsätzlich nur zu einer vorübergehenden, also einer rückgängigen Verhütungsmethode, raten. Im einfachsten Fall wäre hier die „Pille“ angebracht, mittlerweile gibt es aber noch modernere Verhütungsmethoden, wie beispielsweise den Vaginalring, das Verhütungspflaster, die Einlage einer Verhütungsspirale oder eines Verhütungsstäbchens. Sollte eine Frau aber definitiv den Kinderwunsch abgeschlossen haben, kann man entweder auf eine Hormonspirale ausweichen, die über fünf Jahre sicher verhütet, oder auch eine definitive Verhütungsmethode wie die Sterilisierung vornehmen. Diese Möglichkeit steht sowohl der Frau als auch dem Mann offen. Hierzu führen wir in unserer Praxis eine völlig neue Methode, das sogenannte Essure-Verfahren, durch.

Können Sie darauf noch etwas näher eingehen?

Essure ist ein sanftes Verfahren mit geringeren Auswirkungen auf den Körper, da es ohne Vollnarkose durchgeführt werden kann, keine Hauteinschnitte erfordert und nur eine kurze Erholungszeit benötigt. In der Regel können Frauen sofort wieder ihrer normalen Tätigkeit nachgehen. Man sollte sich aber darüber im klaren sein, daß dieses Verfahren nicht mehr rückgängig zu machen ist.

Welche Risiken können dabei entstehen?

Es gibt derzeit keine Risiken, außer die des Eingriffes selbst.

Hat sich der Wunsch nach einem Kind eingestellt, kommt eine oft gestellte Frage die da lautet: Was kann ich tun, damit mein Kind gesund zur Welt kommt?

Als erstes empfehle ich zunächst eine gesunde, vitamin- und nährstoffreiche Ernährung. Ist der Kinderwunsch geplant, empfehle ich schon vor Beginn der Schwangerschaft eine Folsäurebehandlung, denn mittlerweile ist bekannt, daß die schon vor der Befruchtung eingenommene Folsäure fast immer dazu führt, die Nervenscheiden des Kindes zu verschließen. Die Behandlung stellt auch sicher, daß sich das Gehirn gut und unproblematisch entwickelt. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt beziehungsweise bei einer Hebamme sollen ebenso wahrgenommen werden, wie Untersuchungen der Nackentransparenz, die allerdings nicht von den Krankenkassen getragen wird, sondern von der Patientin selbst bezahlt werden muß. Mit dieser Nackentransparenzmessung ist es aber möglich, über eine zusätzliche Blutentnahme bei der Frau ein Risikoprofil zu erstellen, um wichtige Mißbildungen ausschließen zu können.

Themenwechsel. Brustkrebs ist heute gut heilbar, zumindestens wenn der Tumor früh erkannt wird. Viele Patienten haben jedoch Angst, erneut Erkrankungen durch Folgeschäden der Therapie zu erleiden. Welche Schäden können durch eine Krebstherapie bei jungen Frauen hervorgerufen werden?

Eine Chemotherapie wird derzeit nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt. Das heißt, daß sie speziell auf das Körpergewicht und auf die Körperoberfläche ausgerechnet wird. Begleituntersuchungen stellen fest, ob die Chemotherapie in der Art und Weise durchgeführt werden kann oder nicht, ob sie von der Dosis reduziert werden, oder ob zeitlich eine Reduktion stattfinden muß. Fest steht allerdings, daß bei eine jungen Frau durch die Chemotherapie unter Umständen auch die Eierstöcke in ihrer Hormonproduktion zum erliegen kommen.

Wie werden Frauen mit diesen Hormonmangelerscheinungen behandelt? Gibt es Möglichkeiten diese Folgeschäden zu verhindern?

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, diese Folgeschäden zu verhindern. Man kann zum Beispiel die Eierstöcke während der Behandlung dadurch schonen, in dem man sie entfernt, konserviert und an einer anderen Stelle des Körpers später wieder einpflanzt. Ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt wird in jedem Fall Klarheit darüber verschaffen.

Wäre es möglich, daß die Chemotherapie in Zukunft durch sanftere Methoden ersetzt werden kann?

Derzeit bestehen weltweit viele Versuche, mit sanfteren Methoden Tumorbehandlungen durchzuführen und es bleibt uns allen zu wünschen, daß hier recht bald jemand erfolgreich wird.

Dr. Schure, das deutsche Gesundheitswesen kränkelt. Welche Probleme beschäftigen Sie derzeit am meisten?

Es kränkelt nicht nur. Es befindet sich in einer Systemkrise und leidet unter Fieber, Atemnot und Lähmung - Ausgabenfieber, finanzieller Atemnot und Innovationslähmung.

Davon ist mittlerweile die gesamte Republik betroffen. Welche Probleme bereiten den Ärzten am meisten Kopfzerbrechen?

Im Moment haben wir große Sorgen mit dem sogenannten Gesundheitsmodernisierungsgesetz, wobei ich hier ausdrücklich betonen möchte, daß dieses nicht von Ärzten sondern von Politikern gestaltet wurde. Was als sogenannte Reform proklamiert wird, bedeutet ganz eindeutig eine Mehrbelastung der Patienten, sowohl im ambulanten Bereich bei der Versorgung durch den niedergelassenen Arzt, aber auch im Krankenhaus.

Können Sie mir ein Beispiel nennen?

Mehrere. Nicht nur die Zuzahlung für Medikamente wird zu-künftig deutlich höher ausfallen, es kommt auch noch die vieldiskutierte Krankenkassengebühr hinzu, die man irreführenderweise als Praxisgebühr deklariert hat. Diesen vermehrten Aufwand zu Lasten der Ärzteschaft sehen wir als kritisch, zumal ausgerechnet wurde, daß von den besagten zehn Euro nach Abzug sinnloser Verwaltungskosten, die natürlich nicht uns Ärzten zufließen, den Kassen tatsächlich nur wenig mehr als zwei Euro übrig bleiben. 

Wer nur einen einfachen Schnupfen hat, überlegt sich dann sicherlich, ob er nicht gleich eine Apotheke aufsucht und sich ein Mittel holt.

Und genau diese Form der Selbstmedikation sehen wir als potentiell gefährlich an. Arztbesuche werden weniger, was unter Umständen dazu führt, daß drohende Komplikationen verschleppt oder übersehen werden.

Diese Aussage kann natürlich auch zu dem Vorwurf führen, daß hier lediglich finanzielle Einbußen beklagt werden.

In den Köpfen der Menschen hat sich über Jahre hinweg manifestiert, daß ein Arzt immer zur Gruppe der Besserverdienenden gehört, was in bestimmten Fällen auch der Wahrheit entspricht. Doch in einigen Praxen sieht die Realität völlig anders aus. Viele Ärzte kämpfen bereits ums Überleben und sehen der Zukunft mit Sorge entgegen. Erste Insolvenzen hat es bereits gegeben.

In der Skala der Berufe mit dem höchsten Ansehen, steht der Arzt jedenfalls noch mit an erster Stelle.

Das mag stimmen, doch damit lassen sich wohl kaum Rechnungen bezahlen. Wer heute eine neue Praxis eröffnen oder eine bestehende übernehmen möchte, der sollte vor allem mit einem ausreichendem Erbe ausgestattet sein.

Hinzu kommt ein vermehrter Verwaltungsaufwand, wir leben ja in Deutschland.

Der Verwaltungsaufwand ist in den letzten Jahren so enorm gestiegen, daß dem Arzt die wertvolle Zeit zur Gesundheitsberatung seiner Patienten fehlt.

Von steigenden Personalkosten sind Ärzte sicherlich auch betroffen.

Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie auch dieses Thema ansprechen. Wissen Sie, was in den vielen Diskussionsrunden der Medien so gut wie nie angesprochen wird? Wir geben Frauen eine berufliche Perspektive! Der Beruf der Arzthelferin ist ein reiner Frauenberuf und bedeutet für viele junge Berufsanfänger, aber natürlich auch für alle anderen Mitarbeiterinnen eine Integration in die Berufswelt - und das oft ein ganzes Leben lang. Es liegt auf der Hand, daß auch die hohen Praxisnebenkosten und die Ausbildung unserer Mitarbeiterinnen einen zunehmenden Finanzfaktor darstellen. Insgesamt wird die Gewinnsituation des Arztes zunehmend minimiert, bei allen eingegangenen und bestehenden finanziellen Risiken. Hinzu kommt ein Abrechnungssystem, bei dem nicht voraussehbar ist, was wir in einem halben Jahr verdienen. Notwendige Investitionen stehen somit auf wackeligen Füßen.

Wie sehen Sie die Zukunft, was wird sich ändern?

Das deutsche Gesundheitssystem ist in seiner gegenwärtigen Form so nicht zukunftsfähig. Einzelkämpfer werden wohl, wirtschaftlich gesehen, keine Zukunft mehr haben, außer vielleicht im Hausarztbereich überwiegend ländlicher Gebiete.

Sie haben die Praxis von Dr. Koch übernommen, praktizieren aber nicht in seinen ehemaligen Räumen, sondern befinden sich in einem Nebentrakt des Krankenhauses Freilassing, Wie sehen Sie die Zukunft dort?

Derzeit ist das Freilassinger wie auch das Berchtesgadener Krankenhaus sehr großen Umwälzungen unterworfen. Unser Krankenhaus wird zukünftig durch die Psychiatrie beziehungsweise Psychosomatik besetzt werden. Zusätzlich wird ein medizinisches Versorgungszentrum geschaffen, das die Grundversorgung der Bevölkerung absichern soll. Zu diesem Zweck habe ich mich mit weiteren Kollegen zur Gründungsgesellschaft des medizinischen Versorgungszentrums zusammengeschlossen. Die Kliniken-GmbH Berchtesgadener Land hat zudem signalisiert und offen Kund getan, als Träger mit in diese Gründungsgesellschaft einzusteigen.

Ein solches Projekt erfordert sicherlich einen großen Kostenaufwand.

Derzeit wird nach solventen Investoren gesucht, die die Finanzierung übernehmen. Je nach Standort des medizinischen Versorgungszentrums, ob im Krankenhaus selbst oder außerhalb, müssen natürlich Um- und Neubauten getätigt werden die einiges Geld verschlingen werden.

Dr. Schure, ich danke Ihnen für das Gespräch.

     
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