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KARL RIEDLER

Bürgermeister
Edition: Eggenfelden 1995

 
   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Die Tatsache, daß er seinerzeit in die Fußstapfen eines erfolgreichen Vorgängers Gestiegen ist, ist ebenso nicht zu Leugnen, wie die Tatsache, daß Karl Riedler sein oftmals nicht einfaches Amt in Vorbildlicher Art, Verantwortung, Bürgernähe, Ehrlichkeit, Menschlichkeit und Toleranz miteinander zu verbinden hat ihm dabei sicherlich geholfen. Wie er als Bürgermeister einer bayerischen Stadt mit den täglich anfallenden Problemen und manchmal auch unpopulären Entscheidungen umgeht, erzählte er der STADTBROSCHÜRE in diesem Gespräch.

 

Herr Riedler, können Sie sich noch an den ersten Morgen erinnern, an dem Sie als Bürgermeister aufgewacht sind?

Das war eigentlich kein besonderes Ereignis. Der Übergang war nicht so abrupt, weil ich ja vorher schon 14 Jahre lang zweiter Bürgermeister in Eggenfelden war. Ich betrat also damit kein Neuland, da ich damals bereits viele Jahre in der Kommunalpolitik tätig war.

Haben sich Ihre Vorstellungen erfüllt?

Im Wesentlichen ja. Durch meine lange politische Tätigkeit bin ich sehr realistisch an die ganzen Dinge herangegangen.

Können Sie uns kurz Ihren beruflichen Werdegang schildern?

Geboren wurde ich 1939 in Straubing, seit 1949 lebe ich in Eggenfelden. In Pfarrkirchen besuchte ich die damalige Oberrealschule und trat 1953 eine Lehre bei der AOK an. Mein Traumberuf war eigentlich Lehrer. Da man aber nach dem Krieg allgemein nicht so recht gewußt hat, wie sich alles weiterent- wickelt, habe ich gleich nach der Schule zu arbeiten begonnen. Bei der AOK war ich zuletzt Verwaltungsstellenleiter, bevor ich zum Bürgermeister gewählt wurde. Politik hat mich eigentlich schon sehr früh interessiert. Als ich 1966 in den Stadtrat gewählt wurde, war ich erst 26 Jahre alt. Das Mindestalter lag seiner Zeit bei 25 Jahren.

Mit Ihrem Amtsantritt traten Sie auch in die Fußstapfen eines sehr erfolgreichen Bürgermeisters. Erschwert das am Anfang die Arbeit?

30 Jahre lange führte Hans Kreck als Bürgermeister die Geschicke Eggenfeldens. So einer starken Persönlichkeit nachzuarbeiten, ist natürlich nicht ganz einfach. Allerdings kam es mir zugute, daß ich immer mit offenen Augen und Ohren durch das Leben gegangen bin, viel gelernt hatte und viele verschiedene Mentalitäten kennenlernen durfte. Für die Mitarbeiter im Rathaus war es sicher auch eine Umstellung, allerdings kannte ich die Mitarbeiter und sie mich bereits durch meine vorangegangene kommunalpolitische Tätigkeit.

Mit Ihnen als Bürgermeister kam eine völlig andere Persönlichkeit ins Rathaus. Was hat sich geändert?

Es war eigentlich eine kontinuierliche Fortsetzung der alten Politik. Mein Vorgänger und ich haben ja vorher im Stadtrat schon zusammengearbeitet und gehören beide der gleichen Partei an.

Wenn man das Rathaus betritt und die vielen Schautafeln und Informationsblätter sieht, hat man sofort das Gefühl, daß Sie die Bürger über die Vorgänge in Eggenfelden wirklich ausführlich in- formieren wollen. Wieviel liegt Ihnen an der Transparenz des Rathauses?

Es sollte eigentlich Aufgabe jeder Verwaltung sein, die Bürger ausführlich zu informieren. Zu einer korrekten Bürgerinformation gehört aber auch, daß wichtige Dinge erst einmal eingehend geprüft werden müssen, bevor sie dem Bürger mitgeteilt werden dürfen. Transparenz bedeutet ja auch irgendwo, Klarheit in die jeweilige Angelegenheit zu bringen, um Mißverständnissen vorzubeugen. Vorwürfen, daß einige Dinge nicht sofort dem Bürger präsentiert werden, muß entgegengehalten werden, daß es manchmal auch sehr wichtig ist, Dinge vorerst geheimzuhalten, um schwebende Verhandlungen nicht von vorneherein zum Scheitern zu bringen. Grundsätzlich aber ist es ein erklärtes Ziel von mir, die Bürger umfassend zu informieren und dabei möchte ich es auch belassen.

Zu Ihrem Aufgabengebiet gehört es auch, daß Sie hin und wieder unpopuläre Entscheidungen zu vertreten haben. Fällt Ihnen das schwer, insbesondere dann, weil Sie selbst oft nur Gesetze und Verordnungen zu beachten haben?

Es wird kein Bürgermeister hundertprozentig schaffen, es jedem recht zu machen, auch wenn man sich noch so bemüht. Manche Dinge sind so komplex, daß Sie der Bürger nur mit Mühe in der vollen Bandbreite versteht. Außerdem ist ja allgemein bekannt, daß man viele Dinge von zwei Seiten sehen muß. Da kommt es schon einmal vor, daß der Bürger gewisse Dinge anders sieht, als Stadtrat und Bürgermeister es tun. Aber Sie haben schon recht, aufgrund der vielen bundes- und ländereinheitlichen Gesetze und Verordnungen haben wir, und damit meine ich die gesamte Stadtverwaltung, oft nur sehr geringe Ermessungsspielräume. 

Wie gehen Sie mit ungerechtfertigter Kritik um?

Ich bin dafür bekannt, daß ich nicht massiv reagiere. Ich versuche mit allen Möglichkeiten, die Dinge aus meiner Sicht darzustellen, beispielsweise in der Presse. Wichtig und entscheidend für meine Arbeit ist es mir, dem Bürger gegenüber immer ehrlich zu sein. Wenn man sich selbst in die Augen sehen kann und weiß, man war ehrlich, kann man anders mit Kritik umgehen. Wenn ich bewußt die Unwahrheit sagen würde, könnte ich nicht damit leben.

Oft ist es ja allgemein so, daß gerade die »Kritiker« am lautesten sind, die sich selbst nicht aktiv am Stadtgeschehen beteiligen, sich von einer konstruktiven Mitarbeit möglichst fernhalten?

Es enttäuscht mich sicher, wenn Leute zwar massiv kritisieren, selbst aber keine Verantwortung übernehmen wollen. Kommunalpolitik ist noch haut- näher als Bundespolitik. Jeder kann mitgestalten und mitarbeiten. Ich wünsche mir manchmal mehr Engagement von den Bürgern.

Sie gehören der SPD an. Ist es schwierig als Bürgermeister objektiv allen Parteien gegenüber zu sein?

Seine politische Grundeinstellung hat jeder, aber die Parteipolitik darf nicht das »A und O« sein. Als Politiker in dieser Position muß man gelegentlich schon mal innere Konflikte austragen. 

Gibt es für Sie auch ein Leben ohne Politik?

Sicher, damit hätte ich keine Probleme. Ich werde zwar politisch immer engagiert sein, aber auch für die Zeit danach gibt es viele Interessen, die jetzt leider zu kurz kommen. Der Sport ist mein größtes Hobby. Ich spiele gerne Fußball, Handball, habe auch Leichtathletik gemacht und bin Marathon gelaufen, außerdem mag ich radfahren und bergwandern. 13 Jahre habe ich sogar geboxt. In den letzten Jahren kommt der Sport aber leider zu kurz.

Reisen Sie gerne?

Ich habe eigentlich noch keinen besonderen Bedarf zu reisen. Seit ich Bürgermeister bin, habe ich höchstens mal einige Tage Urlaub gemacht. Ich hebe mir das alles für die »Zeit danach« auf und hoffe, daß ich fit bleibe, um bestimmte Dinge nachholen zu können, unter anderem natürlich auch das Reisen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es mir später einmal langweilig wird.

Kann man als Bürgermeister auch zuhause Urlaub machen?

Nein. Man müßte wegfahren. Man ist doch ständig mit dem Geschehen in der Stadt in Kontakt, daheim könnte ich sicherlich nicht abschalten.

Das Bürgermeisteramt ist sicher eines der angesehensten politischen Ämter. Wie sehen Sie das?

Bürgermeister zu sein, ist sehr oft eine schöne Sache, obwohl die Arbeit und die damit verbundene Verantwortung keineswegs leicht und einfach ist, was wir ja bereits anhand von Beispielen bezüglich der Kritik festgestellt haben. Sicherlich ist dieses Amt auch mit Ansehen verbunden, aber das allein macht’s ja nun doch nicht. Es fällt mir leicht, auf Menschen zuzugehen, bin nicht einer, der über den Bürgern steht, bin also ein Bürger wie jeder andere auch. Aus diesem Grunde bin ich auch nicht der Meinung, etwas Besonderes zu sein, weil ich Bürger- meister bin. Obwohl ich ja ständig bemüht bin, den Erwartungen der Eggenfeldener gerecht zu werden, weiß ich natürlich auch, daß ich nicht alle Wünsche zur Zufriedenheit aller Beteiligten erfüllen kann. Ein Bürgermeister ist auch bloß ein Mensch. Mein Problem ist, daß ich mir selbst gegenüber zu hohe Ansprüche stelle.

Gesetzt den Fall, Sie müssen eine Verordnung vollziehen, empfinden sie selbst aber in einem bestimmten Fall als ungerecht. Was für ein Gefühl haben Sie dabei?

Manchmal ist es sehr schwierig, wenn man gesetzlich so stark gebun- den ist und man bei einer eventuellen Ungerechtigkeit nicht helfen kann. Grundsätz- lich hat man als Bürgermeister schon einige Möglichkeiten. Aber es gibt Grenzen, an denen man nicht vorbei kommt.

Besuchen Sie oft Bürger im Rathaus, um bei Ihnen um Hilfe vorzusprechen?

Das kommt sogar häufiger vor, als Sie es sich vorstellen können und es ist mir ehrlich gesagt sogar sehr recht. Denn Probleme, die manchem von uns oft als sehr klein vorkommen, sind für den jeweilig Betroffenen von wirklich großer Wichtigkeit. Da geht es beispielsweise um soziale Probleme, um Wohnungsnot oder Arbeitsplätze. Oft sind es auch persönliche Probleme im finanziellen Bereich.

Wenn die Menschen mit ihren Problemen zu Ihnen kommen, ist das doch auch ein großer Vertrauensbeweis.

Sicher bedeutet das Vertrauen. Es spiegelt aber auch die Notlage wider, wenn jemand von anderer Seite Hilfe braucht, um mit seinen eigenen Problemen fertig zu werden. Und gerade hier ist die Verantwortung gefragt, die man mit Beginn dieses Amtes ebenfalls mit übernommen hat. Aber es freut einem doch schon sehr, wenn man kraft seines Amtes auch mal die Möglichkeit hat, anderen Menschen zu helfen. Mir geht es jedenfalls so. 

Was erwarten Sie von Ihren Mitarbeitern?

Ich erwarte ein absolut bürgerfreundliches Verhalten. Das Rathaus ist auch ein Dienstleistungsunternehmen, in dem die Bürger freundlich und ordentlich behandelt werden sollen. Ich bin der Meinung, wir sind für die Bürger da und nicht umgekehrt. Für manche Mitarbeiter ist das allerdings nicht immer ganz einfach.

Was würden Sie gerne über Nacht ändern?

Ich würde versuchen, den Bürgern zu mehr Verständnis füreinander zu verhelfen.

Das Stadtbild Eggenfeldens hat sich sehr positiv entwickelt, viele neue Betriebe haben sich angesiedelt. Wird das auch weiterhin so sein, wie sehen Sie die Zukunft?

Ich darf sagen, daß wir schon sehr stolz auf diese Entwicklung sind. Auch von Gästen unserer Stadt hören wir solche Komplimente immer wieder. Ich denke aber auch, daß sich der Wachstum der Einwohnerzahl relativ beruhigt. Der große Schub war in den 70er und 80er Jahren. Jetzt ziehen jährlich noch etwa 200 neue Bürger in unsere Stadt.

Streben Sie noch höhere politische Ämter an?

Ich war schon immer in der Kommunalpolitik und will es auch bleiben. Das Schöne daran ist doch, daß man den direkten Kontakt zu den Bürgern hat und nicht alles anonym abläuft. Außerdem kann man in der Kommunalpolitik direkt mitgestalten.

Gab es nach Ihrer Wahl viele Menschen, die plötzlich Ihre Freunde sein wollten?

Als Bürgermeister muß man schon vorsichtig im Umgang mit bestimm- ten Menschen sein. Es gibt sicher einige, die versuchen, durch Beziehungen per- sönliche Interessen zu verfolgen. So etwas merkt man schnell und kann sich dagegen verwahren. 

Wie entspannen Sie sich nach getaner Arbeit?

Ich deutete ja bereits an, daß ich gerne Sport betreibe, zum Beispiel joggen. Aber es gehört dazu, einfach nur auszuspannen .

Lesen Sie gerne?

Ich lese verhältnismäßig wenig Literatur. Sogar zuhause liegen noch so viele Fachzeitschriften herum, daß ich wenig Zeit für anderes habe. Meistens handelt es sich dabei um berufs-bezogene Literatur.

Sind Sie ein zäher Verhandlungspartner?

Ich versuche ja immer, das Beste für Eggenfelden herauszuholen, da muß man schon mal zäh sein, wie Sie es nennen.

Wie lange arbeiten Sie täglich?

In der Woche komme ich ungefähr auf 80 Stunden, die Veranstaltun- gen mitgerechnet. 

Welche wichtigen Maßnahmen stehen in Eggenfelden an?

Die Stadtplatzneugestaltung, die Sanierung der Städtischen Kläranlage, die städtebauliche Sanierung der Hofmark Gern und die Ausweisung von Gewerbe- und Wohnbaugebieten, um Arbeitsplätze nach Eggenfelden zu holen.

Was ist Ihnen, menschlich gesehen, am Wichtigsten?

Ehrlichkeit und Menschlichkeit sind für mich das Wichtigste, auch Toleranz spielt für mich eine große Rolle.

Wo hört Ihre Toleranz auf?

Bei Prahlerei und Angeberei.

Wie schaffen Sie es, Ihren Standpunkt beizubehalten, wenn zwei Seiten auf Sie einreden?

Das ist als Bürgermeister das Hauptproblem. Ich versuche abzuwägen und einen Kompromiß zu finden. Das gelingt sicher nicht immer. Eigentlich ist das der Punkt überhaupt, der das Amt so schwierig macht. Man kann einfach nicht allen gerecht werden.

Haben Sie Schwächen?

Vielleicht bin ich manchmal einfach nicht »hart« genug, versuche Kompromisse zu schließen. Das ist eine Frage der Mentalität. Ich möchte auch nicht »knallhart« sein.

Was ist Ihr größter Wunsch?

Gesund zu bleiben, wie bisher auch.

Und für die Stadt?

Wir befinden uns in einer Zeit des großen Umbruchs, beispielsweise durch neue Märkte. In Eggenfelden geht es uns noch sehr gut. Ich hoffe, wir sind für die Zukunft gewappnet.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG