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DORIS GUNTERMANN 

Kleine Chiemgauer Kaffeerösterei
Edition: Traunstein 2014

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Das Geheimnis eines guten Kaffees ist relativ einfach: beste Rohware einkaufen und handwerklich schonend rösten. Alle Spezialitäten der „Kleinen Chiemgauer Kaffeerösterei“ werden ausschließlich nach dieser Tradition ­hergestellt. Kaffeeliebhaber finden hier in Wolkersdorf alles was das Herz begehrt: erlesene ­Mischungen hocharomatischer Arabica-Bohnen, sortenreine Hochlandkaffees der klassischen Anbauländer sowie Espressi von italienisch/kräftig bis mild/würzig. Das Ladengeschäft ist auch eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für alle, die Fragen rund um das Thema Kaffee haben. Grund genug für Verleger Ralf Hansen, sich einmal mit Inhaberin Doris Guntermann zu unterhalten.

Frau Guntermann, worauf beruht der Erfolg Ihres Unternehmens?
Ich denke, in erster Linie ist es die Qualität, die wir hier anbieten und auf die wir von Anfang an hohen Wert gelegt haben. Es hat natürlich trotz allem seine Zeit gebraucht, sich in dieser Region zu etablieren, mittlerweile betrachten viele Kunden unseren Qualitätsanspruch aber ihrerseits als Grundvoraussetzung und belohnen uns dafür mit konstanter Kundentreue.
Worauf bezieht sich jetzt der Begriff „Qualität“?
Zum einen auf die Qualität der Produkte und deren Herkunft und Nachhaltigkeit, zum anderen mit dem Genuss-Erlebnis. Wir setzen hier ausschließlich auf allerbeste Rohware.
Beruht die Qualität nicht auch auf dem Ambiente des Ladens sowie dem Service?
Das macht die Sache mit Sicherheit rund. Ein wesentlicher Anteil meiner Tätigkeit beruht darauf, alles harmonisch miteinander zu koordinieren, was mir auch sehr viel Freude bereitet. Ganz wichtig sind hier im Laden auch die Gespräche mit den Kunden, was natürlich auch eine fachliche Qualifikation erfordert, denn die Fragen sind oftmals schon sehr speziell. Groß sind die Kenntnisse über Kaffee in der Regel nicht, denn er hat sich im Laufe der Zeit mehr und mehr zu einem Allerwelts-Produkt entwickelt. Durch unser Marketing und durch Kunden-Empfehlungen animiert, kommen aber immer mehr Interessenten in unseren Laden und verlassen diesen als zufriedene Kunden. Wer möchte, kann hier den Kaffee seiner Wahl zunächst probieren und dann seine Auswahl treffen.
Eine Kurzbeschreibung Ihres Unternehmens.
Wir haben das Unternehmen 2008 hier in Wolkersdorf gegründet, stammen ursprünglich aus Bottrop, leben aber bereits zwanzig Jahre im Chiemgau. Ich bin gelernte Bilanzbuchhalterin, mein Mann, der in einem Caféhaus aufgewachsen ist, war Datenverarbeitungskaufmann. Sein Wunsch war es immer schon, eine kleine Kaffeerösterei zu eröffnen. Die gemeinsame Liebe zum Kaffee hat uns dann irgendwann ermutigt, seinen langgehegten Wunsch gemeinsam umzusetzen.
Wie teilen sie sich ihre Aufgabenbereiche ein?
Mein Mann ist der Röster und kümmert sich um den Einkauf der Rohware, die administrativen und kreativen Aufgabenbereiche habe ich übernommen. Die Gespräche mit unseren Kunden aus der Gastronomie sowie hier im Laden führen wir gemeinsam.
Ein paar Worte zur Produktpalette.
Bei uns steht natürlich der Kaffee ganz im Vordergrund. Wir bieten zwanzig verschiedene Kaffee- und Espressosorten zur Auswahl, dazu gibt es Schokoladenspezialitäten und Pralinen. Unserer Philosophie entsprechend, suchen wir aus jedem Anbauland immer nur die beste Kaffeesorte aus, beispielsweise den „Antigua“ aus Guatemala oder den „Tarrazu“ aus Costa Rica.
Welche Beziehungen haben Sie selbst zum Produkt Kaffee?
Kaffee ist für uns nicht nur ein täglicher Begleiter, wir leben dafür.
Wie setzt sich Ihre Kundenklientel zusammen?
Wir beliefern den Groß- und Einzelhandel, natürlich auch die Gastronomie und den Feinkosthandel, betreiben einen Internetshop und bedienen unsere Kunden Donnerstag, Freitag und Samstag hier in der Kaffeerösterei.
Regiert in der Gastronomie nicht eher der Sparstift?
Im Gegenteil. Die Gastronomie bedient sich zunehmend höherer Qualität und lässt zum Teil sogar ihr Verkaufspersonal an unseren Kaffeeseminaren teilnehmen, damit es mehr über das Produkt „Kaffee“ erfährt und dann die neu gewonnen Kenntnisse an die Gäste weitergeben kann. Viele Gastronomen haben auch erkannt, dass es heute nicht mehr der Schnaps ist, der ein Essen zum Schluss abrundet, sondern vielmehr ein Espresso. Und wenn hier die Qualität nicht stimmt, ist das der letzte Eindruck, den ein Gast mit nach Hause nimmt. Der Gast behält das in seinem Unterbewusstsein. 
Wie hat sich der Genuss von Kaffee in den letzten Jahrzehnten gewandelt?
Kaffee wird heutzutage weitgehend nicht mehr so getrunken, wie noch vor zehn Jahren, wobei ich diese Feststellung nicht auf die Menge sondern auf die Art und Weise des Konsumierens festmache. Der Genuss von Kaffee hat sich gewandelt, gute Qualität und perfekte Zubereitung haben Vorrang, egal ob man ihn zu Hause oder an einer Kaffeebar zu sich nimmt.
Erklären Sie doch mal den Unterschied Ihrer Kaffeemarken zu den herkömmlichen Marken, die der Handel anbietet.
Wir verwenden ausschließlich Hochlandkaffees der Marke Arabica, die direkt vor Ort ausgewählt werden. Die Arbeitsweise der Bauern wird kontrolliert und natürlich auch seine Ernte, die immer oberste Qualitätsstufe haben muss. Die schmeckt dem Kunden und bekommt ihm auch. Handelsübliche Mischungen enthalten oftmals preiswerten Flachlandkaffee. Nachteilig ist hier die Bekömmlichkeit und ein hoher Koffeinanteil, was sich natürlich negativ auf die Gesundheit auswirkt. Guten Kaffee erkennt man einfach, probieren Sie’s.
Was ist dann das Besondere an gutem Kaffee?
Es beginnt beim Ursprung. Von der Pflanze geht es über das Ernten, Rösten und Veredeln bis hin zur perfekten Zubereitung. Geschmack kann man nicht beraten, Geschmack muss man für sich selbst erleben und dabei seine Erfahrung machen.
Welche Rolle spielt dabei der Kaffeeröster?
Schon eine sehr wichtige, denn alles was Auswirkungen auf den Geschmack des Kaffees hat, ist in dessen Händen. Seine Aufgabe ist es, rund 800 Aromastoffe aus jeder einzelnen Bohne herauszuholen und den Geschmack zu vollenden. Zum Veredeln des Kaffees benötigt er eine Röstzeit zwischen zwölf und vierzehn Minuten beim Röstkaffee und rund zwanzig Minuten beim ­Espresso. Die dabei verwendete Rösttemperatur schwankt zwischen 170 und 190 Grad.
Die von einer Schleichkatze, dem sogenannten Luwak, gefressene und wieder ausgeschiedene Rohkaffeebohne ist die Rarität auf dem Kaffeemarkt. Zum Preis von rund 180 Euro das Kilo. Was sagen Sie dazu?
Nichts. Die besagten Katzen werden mittlerweile behandelt wie die Stopfgänse zur Herstellung von Gänseleberpastete. Ein ehemals modischer Gag für sogenannte „Individualisten“, der sich Gott sei Dank nicht mehr weiterentwickelt hat.
Was ist Ihrer Erfahrung nach für eine gelungene Zubereitung des Kaffees von Bedeutung?
Entscheidend ist, dass die Qualität stimmt, die Espresso-Crema Bestand hat und dass, die Gastronomie betreffend, ein Barista an seiner Kaffeebar ein Herzchen oder eine Blume hineinzeichnen kann. In den privaten Haushalten ist es mittlerweile schon so, dass wieder von der alten, von Hand gedrehten Kaffeemühle Gebrauch gemacht wird, denn eine elektrisch betriebene Maschine erzeugt Hitze, was sich negativ auf den Kaffee auswirkt.
Wo sehen Sie das Thema Kaffee in den nächsten Jahren? Bleibt der „Hype“ der Kaffeespezialitäten weiter bestehen oder gibt es Tendenzen zurück zum puren Kaffeegenuss, zum Filterkaffee? Oder sehen Sie vielleicht ganz neue Trends?
Ich behaupte, der Kaffeehype geht weiter, es wird sich nichts verändern. Es wird nach wie vor gute Qualität gefordert, und das wird sich letztendlich auch beim Filterkaffee fortsetzen.
Was können Sie über die aktuelle Entwicklung bei den Rohkaffeepreisen sagen?
In der nahen Vergangenheit lag dieser schon sehr hoch, mittlerweile haben sie sich wieder etwas nach unten bewegt. Die Höhe des Preises wird leider auch sehr oft dadurch manipuliert, in dem eine künstliche Verknappung erzeugt wird. Hinzu kommen Missernten, die sich auf den Preis auswirken, wie beispielsweise die große Trockenheit in Kenia, Pilzerkrankungen in Guatemala und in Kolumbien wurden Kaffeebäume zurückgeschnitten, was sich ebenfalls auf eine geringere Ernte auswirkte. 
Wirtschaftskrisen halten die Märkte oftmals ganz schön in Atem. Wären Sie auch davon betroffen? 
Nein, gottlob nicht. Wir verkaufen einen Genussartikel, der auch in schlechten wirtschaftlichen Zeiten gerne gekauft oder verschenkt wird.
Welchen Stellenwert hat denn der Bereich „Marketing“ für Ihr Unternehmen?
Marketing ist ein sehr wichtiges Hilfsmittel, sich am Markt zu etablieren und sich von Zeit zu Zeit auch in Erinnerung zu bringen. Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass es für dieses Unternehmen am besten ist, wenn sich zufriedene Kunden austauschen oder sogar persönliche Empfehlungen weitergeben. Unsere Kaffeesorten sind mittlerweile auch ein beliebtes Geschenk für allerlei Anlässe geworden, der Beschenkte kommt in der Regel nach einer Weile sehr gerne selbst zu uns, um sich mit Kaffee einzudecken. 
Sicher kann und muss nicht jeder gastronomische Betrieb die volle Bandbreite an Möglichkeiten abdecken. Können Sie kurz abstecken, welches Kaffee-Angebot für welchen Betrieb optimal ist? 
Die Gastronomie im Allgemeinen sollte in der Lage sein, einen guten Kaffee, Espresso oder Cappuccino anbieten zu können und auch einen sehr guten Tee.
Was unser Einkaufsverhalten betrifft, leben wir da nicht alle im permanenten Zustand des Selbstbetrugs? Gekauft wird in der Regel doch immer noch da, wo es am billigsten ist. Das gilt auch für den Bereich Lebensmittel, den Sie ja zum Teil auch abdecken.
Begriffe wie Qualität und billig stehen im totalen Gegensatz. Wobei billig jetzt nicht preisgünstig ist. Wir belügen uns in der Regel immer selbst, wenn wir erwarten für wenig Geld auch noch hervorragende Qualität zu beziehen. Das schlägt sich leider durch alle Branchen der mit Lebensmittel sich beschäftigenden Firmen.
Verbinden wir Deutsche „Essen und Trinken“ überhaupt mit einer hohen Wertigkeit? Sind uns die Italiener und Franzosen da nicht weit voraus?
Da mögen Sie Recht haben, aber ich beobachte auch immer häufiger, dass gerade junge Menschen zurückfinden zum Genuss, das Essen und Trinken in vielen jungen Familien wieder zelebriert wird und dass dafür durchaus auch mehr Geld ausgegeben wird. Schauen Sie doch nur die Angebote der Kochkurse an oder auch der zahlreichen Kochsendungen im Fernsehen, das Thema ist absolut aktuell.
Wann sind wir bereit, mehr Geld für unsere Lebensmittel auszugeben?
Zu besonderen Anlässen, also beispielsweise an Feiertagen oder wenn man Gäste empfängt, nimmt man sich gerne Zeit zum Kochen. Oder an Wochenenden, wenn die ganze Familie zusammen kocht. Hier sparen die Verbraucher dann eher nicht und verwenden hochwertigere Zutaten. Einerseits verwöhnen sich die Menschen hier selbst, aber natürlich sind auch ein gewisses Prestigedenken und der Wunsch nach Anerkennung mit im Spiel. Genuss lässt sich auch wunderbar verschenken. Was gibt es Schöneres, wenn man zu einer guten Kochveranstaltung eingeladen wird und man bringt dem Gastgeber hochwertigen Genuss in Form von Kaffee, Tee, Gewürzen oder Wein mit. Zudem gibt es eine weiterhin wachsende Gruppe Verbraucher, denen die Themen Gesundheit und Nachhaltigkeit am Herzen liegen. Dies zeigt sich dann auch in ihrem Konsum und ihren höheren Ausgaben für bestimmte Lebensmittel.
Warum nimmt der Trend zu, zum Beispiel 2,90 Euro für einen Grande Latte Macchiato auszugeben? Was sind die Motive, das Geld zu investieren, ein Filterkaffee zu Hause wäre ja auch möglich?
Wir alle verbinden den Flair eines jeweiligen Cafés mit dem Genuss, in Gesellschaft einen hervorragenden Kaffee zu trinken. Das ist einfach eine besondere Lebensart, man nimmt dem Alltag damit auch seine Geschwindigkeit und es ist einfach Teil der modernen und mobilen Gesellschaft. Ich persönlich bin außerdem der Meinung, dass Latte Macchiato und Co. einfach nur reine Notwehr sind, um von der schlechten Kaffeequalität abzulenken, in dem mit verschiedenen anderen Produkten kombiniert wird.
Gibt es Wünsche?
Ja, zumindest einen: Wir hätten gerne die Genehmigung zum Aufstellen eines Schildes an der Durchgangsstraße. Das würde vielen Kunden helfen, uns schneller zu finden. 
Frau Guntermann, vielen Dank für das Gespräch.

     
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