Herr Fischer, Ihr Name und das Theater an der Rott sind für
die Eggenfeldener Theaterfreunde beinahe untrennbare Begriffe. Wie kommt
das?
Ich bin seit Gründung Leiter des Eggenfeldener Musentempels
und habe mehr als mein halbes Leben damit verbracht, das Theater an der
Rott zu dem zu machen, was es heute ist: ein fester Bestandteil des
kulturellen Lebens im Rottal.
Sie sind Österreicher?
Ja. Ich wurde am 25. Januar 1930 in Brunn am Gebirge, im
Süden von Wien, geboren, werde also in dieser Spielzeit 65 Jahre alt und
stehe schon seit 59 Jahren auf den berühmten Brettern, die die Welt
bedeuten«. Fragen Sie mich jetzt nur nicht, warum ich zum Theater
gegangen bin, ich habe keine, den üblichen Vorstellungen entsprechende
Antwort darauf. Ich bin am Theater aufgewachsen, entstamme einer alten,
bis zum Ur-Ur-Urgroßvater nachweisbaren Schauspielerfamilie. Mit anderen
Worten: ich habe nichts Gescheiteres gelernt.
59 Jahre Theater sind eine lange Zeit.
Genau genommen zählen die ersten Jahre nicht. Als ich sechs
Jahre alt war, zogen meine Eltern nach Graz. Im dortigen Schauspielhaus
durfte ich meine erste Rolle spielen: den »Apfelknaben« im »Wilhelm
Tell«, den kleinen Walter Tell. Man hielt mich für begabt und ich wurde
immer wieder eingesetzt, bei üblichen Kinder- und Zwergrollen, diversen
Lehr- und Lausbuben-Rollen und was es in diesem Alter so alles gibt.
Jedenfalls war ich immer beschäftigt, was ich aber nicht immer
vorteilhaft auf meine Zeugnisse auswirkte. Einzig im »Gedichtaufsagen«
hatte ich nie Schwierigkeiten. Zu Kriegsende waren auch in Graz die
Theater kurze Zeit geschlossen. Nach ein paar Monaten wurde dann, wenn
auch mit einem Minimum an Aufwand, dafür aber mit umso größerer
Begeisterung, wieder gespielt.
Wann begann dann Ihre Zeit als Berufsschauspieler?
1948 bekam ich meinen ersten festen Vertrag und wurde als
Schauspieleleve, in den Fächern »jugendlicher Komiker« ins
Schauspiel-Ensemble eingegliedert. Rechnet man also meine Theaterlaufbahn
erst ab diesem Zeitpunkt, so sind es doch immerhin schon 47 Jahre, die ich
ohne Unterbrechung, Jahr für Jahr auf der Bühne stehe.
Sie waren zuerst Schauspieler. Wie kamen Sie zur Operette?
Ganz zufällig. Ich
musste eines schönen Tages für einen
erkrankten Kollegen einspringen. Beweglich war ich, eine, ich will nicht
sagen »schöne«, zumindest aber laute Stimme und genügend »Höhe«
hatte ich auch. Also wechselte ich fortan zwischen Schauspiel- und
Opernhaus hin und her.
Wann folgte der endgültige Wechsel ins musikalische Fach?
Das war 1955. Aber nie ganz, ich wurde immer wieder, auch in
reinen Sprechrollen, eingesetzt und auch heute noch hängt mein Herz am
Sprechtheater. Ich wurde als Buffo für zwei Jahre nach Klagenfurt
engagiert und von dort ging ich 1957 nach Salzburg ans Landestheater. Hier
wurde ich bald Spielleiter und zuletzt Oberspielleiter der Operette. Wenn
es meine Zeit erlaubte, gastierte ich auch an anderen Bühnen in
Österreich, der Schweiz und Deutschland, außerdem war ich sehr oft beim
Österreichischen Rundfunk beschäftigt.
Wie kamen Sie nach Eggenfelden?
Auf dem Umweg über
Massing. Die Massinger Liedertafel
besuchte in Salzburg meine Inszenierung der Operette »Die Gold´ne
Meisterin«. Die Aufführung hatte allen gut gefallen und man beschloss,
das Stück ebenfalls zu spielen. Spontan fragte man mich, ob ich dabei
helfen würde. Ich sagte zu, es gab eine schöne Zusammenarbeit, eine
geglückte Aufführung und von da an eine gute Freundschaft. Wir haben
später auch unter anderem die Operette »Polenblut« und sogar die
Spieloper »Der Waffenschmied« herausgebracht. Eines Tages machte mich
der Dirigent der Liedertafel, Otto Hofmeister, mit Landrat Ludwig Ostermeier, dem Chef des ehemaligen Landkreises Eggenfelden bekannt und
sie zeigten mir den Rohbau der künftigen Kreisberufsschule, neben der
auch eine Aula entstehen sollte, in der Festveranstaltungen und auch
kleine Theateraufführungen gegeben werden könnten.
Aus dieser Aula wurde dann das Theater an der
Rott?
Bis dahin war es noch ein weiter Weg, aber immerhin: hier
waren drei Männer zusammengekommen, voll Phantasie und
Begeisterungsfähigkeit, und so veränderte sich in unseren Vorstellungen
der Rohbau immer mehr und glich zuletzt, wenn auch nur gedanklich, eher
einem modernen Theaterbau, in dem auch Festveranstaltungen möglich
wären.
Die Richtung war also, zumindest gedanklich, gegeben. Wie und
wann wurde das Ziel erreicht?
Landrat Ostermeier konnte die verantwortlichen Gremien davon
über- zeugen, dass nicht nur die Menschen in den Ballungszentren, sondern auch auf dem
Lande, kulturelle Einrichtungen wünschen, dass aber vielen Bürgern eine
Teilnahme am Theaterleben der größeren Städte wegen der Entfernung nur
mit großen Mühen und Kosten möglich ist. Architekt Hofmeister bemühte
sich, in dem bereits vorgegebenen Raum all das unterzubringen, was zum
Theaterspielen nötig war, und ich stellte einen Spielplan zusammen. Wir
erhielten trotz mancher Widerstände grünes Licht und ich wurde 1962 als
Kreiskulturreferent des Landkreises Eggenfelden angestellt. Mit Eröffnung
des Spielbetriebes 1963 wurde der Landkreis Rechtsträger des einzigen
»Kreistheaters« in Bayern und ist es bis heute geblieben. Der Spielplan
beinhaltet alle Kunstgattungen wie Oper, Operette, Schauspiel, Ballett,
Konzert und Märchenspiel und setzt sich aus Eigenproduktionen und
Gastspielen
auswärtiger Ensembles aus dem In- und Ausland zusammen.
Wie wird es weitergehen?
Nach der Zusammenlegung der Landkreise Eggenfelden und
Pfarrkirchen hat der neugeschaffene Landkreis Rottal-Inn die Trägerschaft
übernommen. Das Theater wurde mittlerweile großzügig renoviert, die
notwendigen Arbeiten sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber das Vorhaben
bezeugt den absoluten Willen des Rechtsträgers, seine Aufgabe zur
kulturellen Förderung unseres Gebietes zu erfüllen.
Hoffen wir,
dass es so bleibt, zum Nutzen und zur Freude alles
Theaterfreunde. Werden Sie mit 65 in Rente gehen oder stehen Sie dann dem
Theater weiter zur Verfügung?
Wenn ich selbst noch einiges zum Fortbestand beitragen kann,
will ich es gerne tun, auch wenn ich der Meinung bin, dass es Zeit wird,
einen Jüngeren an die Sache ranzulassen. Das soll aber jetzt nicht
heißen, dass ich nicht mehr auf der Bühne stehen möchte. Theater war,
ist und bleibt ja mein Leben.
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